Erschöpft, ausgebrannt, Ende Gelände

Rennst Du einem (zu) eng getakteten Stundenplan hinterher? Hast Du das Gefühl, dass Du es trotz Deines großen Zeitaufwandes, trotz Deiner Bemühungen nicht recht machen kannst? Dass alles und jeder irgendwie zu kurz kommt? Vermisst Du die entsprechende Wertschätzung? Durch Vorgesetzte, Kollegen, Freunde, Familie, Partner oder Expartner? Wie kurz kommst Du?

Burn-Out ist die gesellschaftsfähige Form der eigentlichen Erschöpfungsdepression. Es klingt weniger “krank”, irgendwie besser und fast schon hip, da man zeigt, wie toll man sich angestrengt und eingesetzt hat für andere — über eigene Bedürfnisse hinaus, nur um andere besorgt, vollkommen selbstlos.

Selbstlos: Problem und Lösung zugleich.

Problem: Wenn man selbstlos ist, hat man wenig Gespür für die Grenzen seiner eigenen Belastbarkeit. Und man kann sich schlecht gegen die Ansprüche seiner Umgebung abgrenzen. Man bemühlt sich ständig, es allen und jedem recht zu machen. Will Lob. Anerkennung. Liebe. Oder auch einfach nur Strafe, Vorwürfe oder Missachtung vermeiden.

Warum wollen wir es ANDEREN recht machen?

Selbstlosigkeit resultiert in der Regel aus alten Schutzfunktionen. Diese Schutzfunktionen entwickeln wir oft im sehr frühen Kindesalter, wenn eines oder mehrere unserer Grundbedürfnisse verletzt werden. Auch im erwachsenen Alter können Schutzfunktionen gebildet werden. Diese münden z.B. in Alkoholsucht oder ähnlichem aber darauf werde ich hier nicht eingehen. Schutzstrategien können ganz unterschiedlicher Natur sein. Im Wesentlichen kann man sie aber unter Anpassung, Rückzug oder Überkompensation zusammenfassen.

Neigt man selbst zu einem BurnOut, dann ist oft die Schutzfunktion der Anpassung mit im Spiel. Man will sich lieber anpassen, dann macht man es anderen eher recht. Wird weniger abgelehnt. Man sagt lieber “ja”, um einem Streit aus dem Wege zu gehen. Man strebt nach Harmonie.

Dabei fokussiert man sich fast ausschließlich auf seine Umgebung, auf das Außen. Ist fremd- anstatt selbstbestimmt.

Anpassung kann auf unterschiedliche Weisen erfolgen. Wenn man zum Beispiel als Kind oft das Gefühl hatte, allein zu sein, ist die anpassende Schutzstrategie das Anklammern und Festhalten. Man sucht Harmonie und Ausgleich weil man die Nähe zu seiner Umgebung nicht gefährden will. Dies kommt aus der kindlichen Erfahrung heraus, dass man dadurch Zuwendung und Anerkennung erhielt. Aber: So lernte man schon früh, seine eigenen Gefühle und Wünsche zu unterdrücken. Als Erwachsener zeigt sich dies oft dadurch, dass man nicht weiß, was man will. Es fällt schwer, persönliche Ziele zu definieren und Entscheidungen zu treffen. Dafür nimmt man die Gefühle und Wünsche seiner Umgebung umso deutlicher wahr. 

Tiefe Traurigkeit

Hat man sich diese Schutzstrategie zunutze gemacht, nimmt man als Erwachsener die eigenen Grenzverletzungen eher mit Trauer als mit Wut wahr. Hält man diese Trauer zu lange aus, kann das leicht in die Depression führen. Die Wut ist dabei zwar trotzdem vorhanden, wird aber unterdrückt und führt dadurch zu passivem Widerstand, was wiederum zu Traurigkeit führt.

Lösung: “Selbstvoll” werden. Damit meine ich, sich und seine Bedürfnisse wieder selbst wahrzunehmen, zu spüren, zu achten. Achtsam mit sich selbst zu sein.

Der beste Weg dazu ist meines Erachtens die Meditation. Es gibt unterschiedlichste Meditations- und Achtsamkeitstechniken, die man aus Büchern, Kursen, CDs oder Online erlernen kann. Dabei darf man hier keine sofortige Wirkung erwarten, denn diese Techniken und der Geist bedürfen der Übung. Ich kann aber versprechen, dass es fast nichts nachhaltigeres und besseres gibt. Zudem ist alles richtig, was sich für einen selbst gut anfühlt. Man sollte experimentieren. Alles ausprobieren, wonach einem irgendwann mal der Sinn stand.

Am Anfang ist eine Art Body-Scan sehr effektiv: Man schließt die Augen, nimmt wahr, wie sich der Körper gerade anfühlt. Man schickt einfach seine ganze Aufmerksamkeit Schritt für Schritt durch den Körper. Man bewertet nichts sondern stellt einfach nur fest, wie der Körper sich anfühlt. Wo zieht sich vielleicht Dein Brustraum eng zusammen? Wo drückt oder zwickt es, wo ist es  angespannt oder locker? Wie fließt die Atmung, wie schlägt das Herz? Diese Technik kann man dann nach und nach verfeinern. Man kann sich zum Beispiel gezielt auf seine Schutzstrategien konzentrieren, indem man sich Sätze vorstellt, die einen stressen und wie man darauf reagiert. Ist beispielsweise “Ich bin nicht gut genug” ein Trigger und man schützt sich, indem man sich immer mehr anstrengt, dann verstärkt man dies und stellt sich vor, wie man sich noch mehr anstrengt, alles noch perfekter und besser macht. Und dann beobachtet man die daraus resultierenden körperlichen Gefühle usw. Beobachten, nicht bewerten!

Dankbarkeit

Wichtig ist außerdem, die alte Schutzstrategie nicht abzustrafen und loswerden zu wollen. Das klappt sowieso nicht 😉 Der bessere Weg ist es, sich mit ihr zu versöhnen, sie wertzuschätzen und ihr dankbar zu sein. Sie hat in früheren Zeiten einen echt guten Job gemacht und ohne diese Schutzstrategie hättest Du damals nicht “überlebt”. Versuche Deine Kinderstrategie zu erkennen, zu verstehen und dankbar zu würdigen.

Eigenverantwortung

Und dann? Übernimmt man Verantwortung für seine Bedürfnisse. Wie das geht? Indem man lernt, für sich selbst zu sorgen. Lernt, “nein” zu sagen. Ja, ich weiß, das klingt abgedroschen, denn jeder weiß, dass man lernen soll “nein” zu sagen. Überall hört man diesen Ratschlag. Aber dennoch tut man es nicht. Denn…

Hätte man “nein” gesagt, wäre man nicht in Richtung eines Burn-Outs gesteuert!

Praktische Schritte:

  • Übe Dich in Achtsamkeit: meditiere
  • Übernimm Verantwortung für Deine Bedürfnisse: Sage nein!
  • Sprich Klartext mit Deiner Umgebung
  • Umgib Dich mit Menschen, die Dir gut tun
  • Schaue Dir Deine möglichen Schutzstrategien an: Warum reagierst Du so wie Du reagierst?
  • Übe es, die Ausprägung Deiner Schutzstrategien körperlich zu spüren: Wie fühlt es sich an? Wo spürst Du es genau? Beobachte ohne zu bewerten.
  • Betrachte Deine Situation von außen: Mache Dir ein Bild von Deiner Arbeitsleistung und/oder von dem, was Du privat leistest; ist alles wirklich nötig?
  • Probiere aus, was Dir Spaß machen könnte: experimentiere
  • Schaffe Dir persönliche Freiräume und Ruheoasen
  • Vertraue Dir selbst und höre auf Dich!

Finde Dich!