Eine kleine Anekdote über Ruhe und Kraft
In einem der Workshops, in dem ich von meinem eigenen Aktionismus gehetzt auf ein Pferd zulaufe, schaut es mich an und legt sich unvermittelt direkt vor meinen Füßen ab.
Es durchzuckt mich. Ja, ich sehne mich tatsächlich nach viel mehr Ruhe und Durchatmen in meinem Leben, will mich entfernen von Ungeduld und Hetze. Gleichzeitig möchte ich aber durch ein zur Ruhe kommen nicht meine Kraft auf der Strecke lassen. Ich will weiter leisten und Erfolge haben. Und ich will aber endlich auch in meinem Körper ankommen und ihm die Kraft nicht weiter unnötig entziehen, sondern mit ihm gemeinsam neue und noch größere Kräfte erreichen.
Es dämmert mir, dass ich nicht so weiter machen kann wie bisher.
Denn ich habe meine scheinbar unerschöpflichen Kräfte nicht wirklich ökonomisch eingesetzt. Ich habe sehr viel Kraft unnötig verschwendet.
Zwar habe ich meine bisherigen Ziele so erreicht aber so macht es auf Dauer keinen Sinn. In mir ruft das Verlangen nach Kraft, die aus der Ruhe und der Sammlung kommt und mich so noch viel höhere Ziele erreichen lässt.
Aber erstmal soll ich kleiner beginnen: Abschalten, Augen zu lachen, mich aus dem Geschehen nehmen. Ich habe Angst, dass ich nicht mehr leistungsfähig bin, wenn ich mich zu arg distanziere.
Und dass ich nicht mehr attraktiv bin, wenn ich nicht leistungsfähig bin.
Gedankenversunken sitze ich ein paar Momente später im Gras. Ein Wallach kommt auf mich zu. Er beginnt mich zu liebkosen. Ganz sachte am Kopf.
„Er findet starke Frauen sexy“,
wird mir von einer Beobachterin erklärt. Er findet mich sexy.
Ich denke an meinen Freund. An unseren Streit am Morgen. Gestern noch hat er mir gesagt, dass er es toll findet wie stark und erfolgreich ich bin. Dass er mich toll findet. Ich spüre, wie ich das innerlich genießen konnte.
Auch beim Pferd. Aber wie lässt sich das vereinbaren? Stärke und Erfolg gegenüber Ruhe und Leichtigkeit der Gedanken? Welches Konzept passt dazu? Oder ist das wieder zu viel Kopf? Was hat das alles überhaupt mit meinem Körper zu tun?
Warum kann mein Körper nicht einfach Ruhe geben und weiter leisten, was ich von ihm erwarte?
Warum wird er auf einmal schwach? In diesem Moment stellt sich ein weiteres Pferd seitlich vor mich. Sein Kopf macht nur wenige Zentimeter direkt vor meinem Gesicht halt. Es versperrt mir die Sicht auf die anderen anwesenden Personen. Ich sehe einfach nichts und niemanden mehr. Was soll ich tun? Abschalten? Augen zu machen? Wegschauen?
Mich aus dem Geschehen nehmen? Um aus dieser anderen Perspektive wieder stark und erfolgreich zu werden? Ja, vielleicht macht das Sinn…